Das Recht auf eine Kopie – ein Rätsel?
Betroffene Personen haben ein „Recht auf Erhalt einer Kopie“ ihrer Daten. Das scheint einfach und klar.
Kopierung
Die Tücken dieses Anspruchs zeigen sich jedoch jeden Tag in der Praxis.
Ausgangspunkt ist Art. 15 DSGVO
Betroffene Personen haben ein Recht auf Auskunft über die
personenbezogenen Daten, die sie betreffen. So legt es Art. 15 Abs. 1 DSGVO
fest. Der Anspruch richtet sich gegen den Verantwortlichen, also etwa gegen ein
Unternehmen, das Daten von Kunden verarbeitet. Weiter legt die DSGVO fest: „Der
Verantwortliche stellt eine Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand
der Verarbeitung sind, zur Verfügung.“ (Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DSGVO).
Es geht um einen
einheitlichen Anspruch
Lange war umstritten, ob die DSGVO hier zwei Ansprüche
nebeneinander festlegt. Das eine wäre der Anspruch auf Auskunft über die
personenbezogenen Daten (Art. 15 Abs. 1 DSGVO), das andere der Anspruch auf
eine Kopie dieser Daten (Art. 15 Abs. 3 DSGVO). Aus der Sicht des EuGH geht es
hier aber nur um zwei Facetten ein- und desselben Anspruchs. Er sieht das
Zusammenspiel der beiden Facetten so:
- Betroffene Personen haben
Anspruch auf Auskunft über ihre personenbezogenen Daten.
- Es geht dabei aber in der Regel
nur um den Inhalt dieser Daten, nicht um ihre äußere Form.
- Ein Anspruch auf eine exakte
Kopie („1:1“) besteht nur dann, wenn das für das Verständnis des Inhalts
notwendig ist.
Typisches Beispiel ist
das „leere Leerfeld“
Jemand füllt einen Patienten-Fragebogen aus. In das Feld
„bekannte Herzerkrankungen“ schreibt er schlicht nichts hinein. Felder zu
anderen bekannten Erkrankungen füllt er dagegen aus. Er verlangt Auskunft über
die gespeicherten Daten. Eine bloße Auflistung aller Daten, die er aktiv in den
Fragebogen hineingeschrieben hat, gäbe hier kein vollständiges Bild. Die Information,
dass er zu Herzerkrankungen nichts hineingeschrieben hat, ist vielmehr ganz
wesentlich. Deshalb hat er in diesem Fall Anspruch auf eine Kopie des
Fragebogens. Nur einer solchen Kopie lässt sich entnehmen, dass im Feld
„Herzerkrankungen“ gerade nichts stand.
Auch für
„normale Unternehmen“ ist das alles wichtig
Die eben erörterten Dinge verringern den Aufwand, wenn ein
Unternehmen Auskunft erteilen muss.
Angenommen, ein Kunde füllt bei jeder Online-Bestellung auf der Webseite
des Unternehmens ein Bestellformular aus. Alle Bestellformulare werden
gespeichert. Zugleich werden alle Angaben aus den Formularen automatisch in ein
Kundenkonto übertragen. Der Kunde verlangt Auskunft über seine
personenbezogenen Daten. Es macht einen erheblichen Unterschied, ob ein
Ausdruck des Kundenkontos mit allen Daten genügt oder ob jedes einzelne
Bestellformular ausgedruckt werden muss. Der Ausdruck des Kundenkontos genügt
hier. Eine Kopie der einzelnen Bestellformulare kann der Kunde dagegen nicht
verlangen.
Der Personenbezug ist
wesentlich
Aus verschiedenen rechtlichen Gründen müssen Unternehmen
ihren Kunden zahlreiche Informationen zur Verfügung stellen. Besonders trifft
das Versicherungsunternehmen. Der eigentliche Versicherungsvertrag besteht oft
nur aus einer oder zwei Seiten. Als Anlage kommen dann allerdings
Versicherungsbedingungen von meist vielen Dutzend Seiten dazu. Diese
Versicherungsbedingungen sind nicht individuell ausgestaltet. Vielmehr erhält
jeder Kunde exakt dieselben Textdokumente. Als personenbezogen sehen die
Gerichte in solchen Fällen nur den eigentlichen Vertragstext an. Die
zusätzlichen Textdokumente haben dagegen keinen Personenbezug.
Das blockiert
schikanöse Auskunftsforderungen
Für Versicherungsunternehmen ist dieser Aspekt sehr wichtig.
Sollte ein Kunde Auskunft über seine personenbezogenen Daten fordern, genügt in
der Regel eine Zusammenstellung seiner Daten aus dem Vertrag selbst und eine
Zusammenstellung seiner Daten aus dem Versicherungsantrag. Daten über
Zahlungsvorgänge und dergleichen können natürlich noch hinzukommen. Wichtiger
ist jedoch, was das Unternehmen nicht zur Verfügung stellen muss:
- Eine
exakte Kopie des Versicherungsvertrags ist ebenso wenig erforderlich wie eine
exakte Kopie des Versicherungsantrags.
- Eine
Kopie des Versicherungsantrags ist nur notwendig, wenn er „leere Felder“
enthält. Denn das ist eine wesentliche Information.
- Den
Inhalt der Versicherungsbedingungen muss die Versicherung dagegen nicht zur
Verfügung stellen. Denn diese Bedingungen sind nicht personenbezogen.
Es liegt auf der Hand, dass diese Aspekte den Aufwand für das
Unternehmen erheblich verringern.
Fördermittel-Check
Benötigen Sie dennoch Hilfe? Kein Problem!
Das könnte Sie auch interessieren:
- 19.03.2024: Kostenlose Kopien von Behandlungsunterlagen