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Dienstag, 8. Februar 2022

Was gilt? Über die Notwendigkeit einer Dokumenten-Hierarchie im Risikomanagement

Was gilt? Über die Notwendigkeit einer Dokumenten-Hierarchie im Risikomanagement.

Jedes Managementsystem besteht aus einer Vielzahl von Dokumenten - Leitlinien, Richtlinien, Arbeitsanweisungen, usw.. Ohne klare Hierarchie ist es für die Mitarbeiter unmöglich, hier den Überblick zu behalten.  


Beispiel für eine Dokumentenhierarchie
Beispiel für eine Dokumentenhierarchie
Großen Konzernen wird oft "Regelungswahn" unterstellt - für jede Kleinigkeit gibt es angeblich ein eigenes Formular. Doch auch im Mittelstand werden die Anforderungen - qualitativ, organisatorisch und regulatorisch - immer höher. Um diese Anforderungen erfüllen zu können, muss das Unternehmen Regelungen zu einer Vielzahl unterschiedlicher Themen treffen. Dies führt zu einer Vielzahl von Dokumenten - Leitlinien, Anweisungen, Beschreibungen. Und für den Mitarbeiter zu der Frage: "Was gilt?" 

 

Warum Dokumentenhierarchie?

Ohne klare Struktur haben die Mitarbeiter keine Chance, im Arbeitsalltag schnell und zuverlässig das richtige Anweisungs-Dokument zu finden und sich korrekt zu verhalten. Hinzu kommt die Vielzahl an relevanten Themen und Dokumenten - alles auswendig zu lernen wäre je nach Aufgabenbereich und Mitarbeiter sehr aufwändig bis vollkommen unmöglich. 

Die Managementsysteme eines Unternehmens müssen also zwei Kriterien erfüllen:
  • Übersichtlich strukturiert: Damit die Mitarbeiter leicht erkennen können, wo sie suchen müssen und schnell das benötigte finden. Und
  • Gut verständlich bzw. empfängerorientiert formuliert: Denn nur, wenn sie die Dokumente auch verstehen, können die Mitarbeiter ihren Inhalt umsetzen. 

Die Grundstruktur festlegen

Fangen wir mit der ersten Anforderung an: einer übersichtlichen Struktur. In der Grafik oben sehen Sie die Dokumentenhierarchie als Pyramide dargestellt:

  • Über allem stehen Normen und Gesetze, also externe Vorgaben, die erfüllt werden müssen.
  • Danach folgt die Leitlinie des Unternehmens, die schriftliche Niederlegung der Unternehmenspolitik. Wer sind wir? Was ist uns wichtig? Welche Ziele wollen wir erreichen? All das sind Fragen, die die Unternehmensleitung in der Leitlinie beantwortet. Hier wird demnach auch festgelegt, welche Risiken als so schwerwiegend eingeschätzt werden, dass das Unternehmen ein Managementsystem zu ihrer Minimierung implementieren wird.
  • Auf der nächsten Ebene folgen die Richtlinien zu den in der Leitlinie festgelegten Themen. In diesen finden sich grundsätzliche Informationen dazu, welchen Stellenwert z.B. Datenschutz im Unternehmen hat oder welche Zertifizierung das Qualitätsmanagementsystem erreichen soll. 
  • Die nächste Ebene bilden die Maßnahmenpläne, z.B. das Konzept zu den technisch-organisatorischen Maßnahmen zum Datenschutz oder die Übersicht über die festgestellten Informationssicherheitsrisiken.
  • Die unterste Ebene bilden konkrete Arbeitsanweisungen und Verhaltensregeln. Hier findet der Mitarbeiter seine Antwort auf die Frage "Was muss ich in dieser konkreten Situation tun?"

Vom Abstrakten zum Konkreten 

Sie müssen unsere Grundstruktur nicht 1:1 übernehmen - im Gegenteil. Definieren Sie die Grundstruktur so, wie sie zu Ihrem Unternehmen passt. Wichtig sind nur drei Kriterien:
  1. Vom Abstrakten zum Konkreten - auf der obersten (betrieblichen) Ebene, die die Unternehmenspolitik beschreibt, ist der Abstraktionsgrad am höchsten. Danach wird es Schritt für Schritt konkreter bis man auf der letzten Ebene zu Anweisungen im Einzelfall kommt.
  2. Die Struktur kommunizieren und einhalten - langfristig. Sinn einer Dokumentenhierarchie ist es, die Informationen für die Mitarbeiter leicht und schnell verfügbar zu machen. Dies bedeutet, dass die Mitarbeiter zum einen die Hierarchie kennen und damit umgehen können, und zum anderen, dass die Hierarchie verlässlich eingehalten werden muss.
  3. Empfängerorientiert formulieren. Im letzten Blogbeitrag haben wir herausgearbeitet, dass ein Managementsystem im Unternehmen gelebt werden muss, um erfolgreich und rechtskonform zu sein. Die wichtigste Voraussetzung dafür ist, dass Sie verstanden werden müssen. Je niedriger ein Dokument in der Dokumentenhierarchie angesiedelt ist, je konkreter sein Inhalt, desto verständlicher muss es formuliert sein. Passen Sie Ihre Sprache an die Bedürfnisse Ihrer Mitarbeiter an - wenn dies (z.B. bei Richtlinien) nicht immer möglich ist, dann eben durch erklärende, verkürzende, vereinfachende Begleitdokumente.  

Mit der Dokumentenhierarchie arbeiten

In der Praxis könnte das dann wie folgt aussehen:

Das Unternehmen betreibt ein Zeiterfassungssystem. Dieses taucht in der Dokumentenhierarchie an folgenden Stellen auf:

  1. In der Leitlinie als "das Unternehmen hält sich an die jeweils geltenden Rechtsnormen". Hierunter fällt z.B. das Arbeitszeitgesetz, dessen Einhaltung u.a. mittels der Zeiterfassung überwacht wird.
  2. In der Richtlinie "Datenschutz" als "Zugriff auf die Daten haben nur diejenigen Mitarbeiter, die diese für ihre Tätigkeit explizit benötigen. Zugriffsrechte sind restriktiv zu vergeben und bei Wechsel der Tätigkeit unverzüglich zu entziehen." Bezüglich der Zeiterfassungs-Daten bedeutet dies, dass nur die Mitarbeiter den Personalabteilung Zugriff erhalten. 
  3. Im Maßnahmenplan "Mitarbeiterhandbuch" als "Das Unternehmen betreibt ein Zeiterfassungssystem, welches von jedem Mitarbeiter zu nutzen ist. Hierzu erhält der Mitarbeiter einen Stempelchip (RFID-Chip), welcher auch für den Zutritt zum Gebäude genutzt wird (siehe dort). Mit dem Stempelchip kann sich der Mitarbeiter am Zeiterfassungsterminal an- und abmelden sowie Pausen und Dienstgänge buchen."
  4. In der Arbeitsanweisung "Zeiterfassungsterminals" der Personalabteilung als "Jedem Mitarbeiter sind zwei Zeiterfassungsterminals zum Stempeln zuzuweisen. Hierbei sind die beiden Terminals zu wählen, die seinem üblichen Arbeitsplatz räumlich am nächsten liegen. Der Mitarbeiter wird über die ihm zugewiesenen Terminals im Rahmen des Onboardings informiert. Die zugewiesenen Terminals sind daher namentlich in der Onboarding-Checkliste des Mitarbeiters aufzuführen."

Bestehende Dokumente in die neue Hierarchie überführen

Für viele Unternehmen beginnt der Weg zum neuen Managementsystem mit einer Aufräumaktion:
    • Was ist bereits vorhanden?
    • Kann / soll das weiterverwendet werden?
    • Wie passt das Dokument in das neue System?
Wir wollen das Rad nicht neu erfinden. Je mehr bestehende Prozesse und Dokumente weiter verwendet werden können, desto besser. Wenn Sie also Ihre Dokumente in das neue System überführen und neu einordnen, stellen Sie sich zur Vereinfachung folgende Fragen:
    • Wie abstrakt ist der Inhalt?
    • Wie oft wird das Dokument üblicherweise geändert?
Mit der Änderungshäufigkeit verhält es sich genauso wie mit dem Abstraktionsgrad: von selten / hoch nach häufig / gering. Je höher ein Dokument in der Dokumentenhierarchie, desto seltener wird es verändert. Eine Unternehmenspolitik ändert sich im Mittelstand oft über Jahrzehnte nicht - hinter ihr stehen Familientraditionen und -werte, die über Generationen unverändert bleiben. Änderungen werden nur von Außen hereingetragen - in Form von neuen Gesetzen, Marktanforderungen oder Risiken. Eine Arbeitsanweisung dagegen gibt den derzeitigen Ablauf eines Geschäftsprozesses wieder. Sie ist allen möglichen Änderungsanlässen ausgesetzt - rechtlich, technisch, organisatorisch. Und durch den hohen Detailgrad der Anweisung wirken sich bereits kleinste Einflüsse in Form einer Änderung aus.

Mit dieser Orientierungshilfe können Sie Ihre bestehenden Dokumente in die Dokumentenhierarchie einsortieren und wo nötig anpassen bzw. ergänzen. 

Benötigen Sie Unterstützung beim Aufbau bzw. bei der Strukturierung Ihrer Managementsysteme? Kein Problem!
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