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Mittwoch, 24. August 2016

Ein Blick in die eigenen Behandlungsunterlagen

Meist bekommt man als Patient durchaus Einsicht in die Unterlagen über die eigene Behandlung. Aber falls es doch einmal Konflikte gibt: Welche Spielregeln gelten dann eigentlich?


Funktion von Behandlungsunterlagen


Behandlungsunterlagen dienen dem Patienten wie dem Arzt. Der Arzt braucht sie als Gedankenstütze. Manchmal benötigt er sie auch, um Vorwürfe wegen falscher Behandlung abzuwehren. Der Patient wiederum will die Unterlagen vorlegen, wenn er einen anderen Arzt aufsucht. Vielleicht möchte er sich aber auch nur informieren, was gesundheitlich eigentlich mit ihm los ist. Dann können Behandlungsunterlagen eine hoch spannende Lektüre sein.

Bild Nachweis: Fotolia_115646552

Regelungen zu ihrem Inhalt


Was in Behandlungsunterlagen eines Arztes stehen muss, ist gesetzlich geregelt. Enthalten sein müssen sämtliche aus fachlicher Sicht für die derzeitige und künftige Behandlung wesentlichen Maßnahmen und deren Ergebnisse. So legt es § 630f des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) fest.
Aus der Sicht eines medizinischen Laien mag die Formulierung etwas schwammig wirken. Aus der Sicht eines medizinischen Fachmanns sieht das schon anders aus. Außerdem hat die etwas weite Formulierung einen wesentlichen Vorteil: Neue fachliche Erkenntnisse dazu, was in Behandlungsunterlagen hinein gehört, lassen sich recht schnell umsetzen. Das Gesetz muss dazu nicht geändert werden.

Diagnosen, Befunde, Therapien


Das Gesetz nennt konkrete Beispiele dafür, was auf jeden Fall in die Unterlagen hinein gehört, nämlich

die Anamnese (also die medizinische Vorgeschichte des Patienten),
ferner Diagnosen,
Untersuchungen,
Untersuchungsergebnisse,
Befunde,
Therapien und ihre Wirkungen,
Eingriffe und ihre Wirkungen,
Einwilligungen und Aufklärungen.

Besonders wichtig für den Patienten: Arzt-briefe sind auf jeden Fall in die Patientenakte aufzunehmen.

Rechtsanspruch auf Einblick


Oft ist die Rede davon, dem Patienten werde Einblick in die Behandlungsunterlagen „gewährt“. Manche verstehen dies so, dass der Arzt den Einblick sozusagen Gnaden halber und nach seinem Ermessen bewilligen kann – oder eben auch nicht. Das trifft jedoch nicht zu. Vielmehr hat der Patient einen gesetzlichen Anspruch auf Einblick in die Behandlungsunterlagen, die ihn selbst betreffen. So regelt es ausdrücklich § 630g BGB.

Anspruch auf Kopien


Häufig wird es so sein, dass ein Patient die Unterlagen nicht versteht. Viele Begriffe sind nur Fachleuten klar. Und selbst ein Fachmann braucht Zeit, um den Inhalt von Unterlagen richtig zu interpretieren. Oft wollen Patienten deshalb Kopien ihrer Behandlungsakte. Auch dieser Anspruch ist gesetzlich inzwischen klar festgelegt (siehe § 630g Absatz 2 BGB: „Der Patient kann auch elektronische Abschriften von der Patientenakte verlangen.“).

Kostenpflicht für Kopien


Genauso klar ist allerdings auch geregelt, dass der Patient die Kosten hierfür tragen muss. Man sollte sie nicht unterschätzen. Denn selbstverständlich gehören dazu nicht nur die eigentlichen Kopierkosten, sondern auch die Kosten für das Personal, das Ko-pien anfertigt. Glück hat ein Patient, dessen Patientenakte elektronisch geführt ist. Das Übertragen der Daten auf einen elektronischen Datenträger verursacht kaum irgend-welche Kosten.

Ansprüche der Erben und Angehörigen


Etwas schwierig wird es, wenn ein Patient verstorben ist. Relativ häufig wollen dann Angehörige wissen, wie es eigentlich zum Tod kam. Fragen dazu sind allerdings oft vergeblich. Das gilt sogar dann, wenn eine enge familiäre Beziehung besteht und beispielsweise die Ehefrau fragt, warum ihr Mann gestorben ist.
Der Grund: Die ärztliche Schweigepflicht gilt auch nach dem Tod weiter, und der Gesetzgeber wollte sie nicht zu sehr aushöhlen. Das Gesetz lässt deshalb den Anspruch auf Einsicht in die Behandlungsunterlagen nicht einfach pauschal auf die Erben oder auf nahe Angehörige übergehen. Vielmehr heißt es in § 630g Absatz 3 BGB, dass die Erben „zur Wahrnehmung vermögensrechtlicher Interessen“ Einblick in Behandlungsunterlagen nehmen dürfen.
Das praktisch wichtigste Beispiel hierfür: Die Lebensversicherung will nicht zahlen, weil sie die Umstände des Todes für unklar hält. Dann kann es für den Erben Gold wert sein, wenn er mithilfe der Behandlungsunterlagen nachweisen kann, dass die Versicherung sehr wohl zahlen muss.

Erst reden, dann zum Gesetz greifen


Insgesamt hat der Gesetzgeber die Rechte der Patienten in den letzten Jahren gestärkt. Grenzen haben diese Rechte allerdings nach wie vor. Suchen Sie deshalb immer zunächst das Gespräch mit dem Arzt, der Sie behandelt hat. Greifen Sie erst dann zum Gesetz, wenn sonst wirklich kein vernünftiges Ergebnis zu erzielen ist.